100 JAHRE HANDBALL BEIM TSV

Die Geschichte der Handballabteilung

 

Am Fangen und Werfen hatten die Menschen wohl schon immer Spaß, nicht nur, um sich für Jagd oder Krieg zu ertüchtigen, sondern auch als reine Freizeitbeschäftigung.

Die sog. Bikinimädchen aus der römischen Villa Piazza Armerina auf Sizilien. Mosaik aus dem 4. Jh. n. Chr. Quelle: Wikimedia

Die Erfindung des Handballspiels

 

Der Berliner Oberturnwart Max Heiser gilt als „Vater des Handballs“. Er wollte eine Sportart speziell für Frauen und Mädchen schaffen, mit möglichst viel Bewegung, aber ohne unschickliche Zweikämpfe, wie sie im Fußball üblich waren.  Das nannte er 1915 „Torball“ und ab 29. 10. 1917 „Handball“. Anfangs wurde nur Feldhandball gespielt.

1919 adaptierte der Berliner Sportlehrer Carl Schelenz den Sport für Männer, indem er das Spiel körperbetonter machte. Zweikämpfe waren nun erlaubt. Außerdem führte er das Prellen ein. Starke Anleihen nahm er beim Fußball, etwa was die Spielfeld- und die Torgröße betraf. Der Strafraum wurde etwas umgeformt zum Handballkreis.

 

Die Gründung der Handballabteilung

1920 wurde zum ersten mal eine Handballmeisterschaft für Männer für das Jahr 1921 ausgeschrieben. Sofort versammelten sich Begeisterte aus allen Abteilungen und fingen mit dem Training an. 1921 wurde die Handballabteilung gegründet, um am offiziellen Spielbetrieb teilnehmen zu können.

Das erste Spiel – das erste in Bayern! – fand am 27. 2. 1921 gegen die SpVgg Fürth statt und wurde mit 4 : 2 gewonnen.

Die nächste Begegnung am 7. 3. gegen MTV Fürth konnte sogar mit 17 : 0 siegreich beendet werden.

 

Der Weg bis heute

1922 und 1923 wurde die Männermannschaft Bayerischer Meister. In letzterem Jahr gelang es sogar, bis ins Finale der Süddeutschen Meisterschaft zu kommen. Leider mußte die Teilnahme abgesagt werden, denn es gab da die Geschichte mit dem Ludwigspokal.

 

Die Geschichte mit dem Ludwigspokal

1913 stiftete König Ludwig III. von Bayern einen Wettbewerb und den dazugehörigen Pokal. Es handelte sich um einen Großstaffellauf mit 35 Läufern pro Mannschaft. Die Strecke führte von Nürnberg nach Fürth und war 13 km lang.

Den Pokal sollte derjenige Verein endgültig erhalten, der den Lauf entweder dreimal hintereinander oder bei wechselnden Siegern zum vierten mal gewinnt.

1913 und 1914 entschied der 1. FCN den Lauf für sich. Dann setzte der 1. Weltkrieg dem Sportereignis ein vorläufiges Ende.

 

Als 1919 die Tradition wieder aufgenommen wurde, fehlte der Pokal! Der Verwahrer, der 1. FCN, gab an, er sei verlorengegangen. Sogleich kam aber der Verdacht auf, die „Clubberer“ wollten den Pokal heimlich für sich behalten. Nach der Abschaffung der Monarchie konnte ja kein königlicher Folgepokal gestiftet werden. Außerdem war der „Millibauer“, wie Ludwig III. wegen seines großen Viehbestandes, aber auch wegen seiner volksnahen Art genannt wurde, sehr beliebt.

 

Es wurde zunächst beschlossen, die Tradition fortzuführen und dafür einen Ersatzpokal anzufertigen, um den gelaufen werden sollte. 1919 und 1920 gewann der TV 1846!

 

Da man sich danach sicher war, auch weiterhin siegreiche Mannschaften aufstellen zu können, wollte man nun doch um den Originalpokal laufen. Die Sache wurde also ernst und landete vor Gericht. Am 23. 6. 1921 mußte der „Club“ den Pokal herausgeben. Frecherweise war bereits der Schriftzug „endgültig gewonnen“ eingraviert worden!

1921 und 1922 gewann wieder der TV 1846 und hatte nun zweimal in Folge den Ludwigspokal gewonnen. 1923 sollte also die Entscheidung bringen.

 

Ein Problem war, daß einige gute Läufer just am Tag des Laufes im Finale um die süddeutsche Meisterschaft spielen sollten. Kurzerhand wurde der Traum von der süddeutschen und vielleicht auch von der deutschen Handballmeisterschaft aufgegeben! Unser Team siegte immerhin und so ist seither der Ludwigspokal in Vereinsbesitz.

 

Der 46er Handball wuchs und gedieh, 1931 hatte man schon 12 Mannschaften. Ab da wurde nicht nur im Winter in der Halle trainiert, sondern auch gespielt. Eingeführt hatten das die Schweden, die breitengradbedingt längere Hallenzeiten hatten.

Das Spielsystem orientierte sich allerdings am Feldhandball. Die Angreifer dachten nach einem Ballwechsel erst gar nicht daran, zurückzulaufen. Man wollte ja den Abwehrspezialisten nicht „ins Handwerk pfuschen“.

Erst in den 50er Jahren etablierte sich auch in Deutschland der Hallenhandball nach dem „skandinavischen ganzheitlichen System“ wie man ihn heute spielt.

 

Der größte Erfolg unserer Abteilung fiel leider in das Jahr der Machtergreifung der Nationalsozialisten, als die Damenmannschaft die Süddeutsche Meisterschaft gewann.

Über die NS-Zeit schweigt die Handballchronik weitgehend, es gibt nur vereinzelte Mannschaftsfotos.

 

Nach dem 2. Weltkrieg gelang es den Erwachsenenmannschaften zunächst nicht mehr, an frühere große Erfolge anzuknüpfen.

1956 gelang es den Herren immerhin, von der Bezirksklasse in die mittelfränkische Kreisklasse aufzusteigen (die Ligen wurden erst später umbenannt). Von dort ging es gleich weiter in die nordbayerische Landesklasse. Dort konnten sie sich bis 1968 halten.

 

Die 1. Männermannschaft im Jahr 1961 in der Landesliga. stehend: Abteilungsleiter Gerhardt, Neuendorf, Rattel, Speyerer, Adler, Keilholz, Gailer, Neubing kniend: Hagen, Goltermann, Mayer, Gräff

Der Damenmannschaft gelang leider nur ein kurzer Ausflug in die Landesliga 1968/69. Das war damals immerhin die höchste Spielklasse für Frauen. Am Ende der Saison ging es leider wieder nach unten.

Große Erfolge in den 50er- und 60er Jahren errang die männliche A-Jugend. Sie wurde Bayerischer Meister im Feldhandball 1955, 1956, 1959 und 1968. In letzterem Jahr wurden sie zusätzlich Bayerischer Meister im Hallenhandball. Das war das erste mal, daß überhaupt ein Meisterschaft in der Halle ausgetragen wurde.

 

Die A-Jugend beim Gewinn der Bayerischen Meisterschaft 1968 in Sulzbach-Rosenberg.
Beim Wurf Rainer Porzelt.

Urheber dieser Erfolge war Werner Knoll. Er begann 1954 mit der Jugendarbeit bei den 46ern. Über Jahrzehnte prägte er die Ausbildung der männlichen Jugendmannschaften. Bis in die 80er Jahre spielten viele Jahrgänge in der Bayernliga, wobei es allerdings nicht mehr zur Meisterschaft reichte.

Werner Knoll war darüber hinaus auch im BHV aktiv, war als stellvertretender BHV-Präsident für den Jugendbereich zuständig und trainierte viele Jahrgänge der Bayernauswahl.

1989 bekam er für sein Engagement und seine Erfolge vom Bundespräsidenten die Verdienstmedaille zum Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.

 

Durch seine Verbindungen konnte er neben dem Ligenbetrieb für „seine Jungs“ auch regelmäßig die Teilnahme an internationalen, hochkarätigen Turnieren ermöglichen. Der Verfasser dieses Berichts erinnert sich noch gerne an Handballfahrten von Spanien bis Rumänien.

 

Nach einem kurzen Blick in die Landesliga 1974/75 begann der spektakuläre Höhenflug der 1. Männermannschaft im Jahr 1983. Hier die Stationen:

1983 Aufstieg in die Landesliga, 1984 Aufstieg in die bayerische Oberliga, 1985 Aufstieg in die süddeutsche Regionalliga!

stehend: H. Hertlein (Betreuer), G. Hertlein (Co-Trainer), Grocholl, Rabe, Stulle, Jenning, Porzelt, Völcker, Abteilungsleiter Schminke, Ehrenvorsitzender Gerhardt
kniend: Tiefel, Grützner, Treichel, Michelsen, Lautner, Six.

Ergänzt wurden unsere „Eigengewächse“ vorwiegend durch Exbundesligaspieler von Tuspo Nürnberg. Dabei kam mit Peter Stulle sogar ein Exnationalspieler zu uns, auch ein norwegischer Exnationalspieler trug zum Erfolg bei.

 

Unsere Abteilung konnte in dieser erfolgreichen Zeit mit fünf (!) Männermannschaften aufwarten, zudem mit männlichen Jugendmannschaften von der A- bis zur C-Jugend.

Frauenhandball gab es nur sporadisch und weibliche Jugendmannschaften gab es gar nicht.

 

Einige Saisons klopften die 1. Herren an der Tür zur 2. Bundesliga, aber leider reichte es – meist sehr knapp – nur bis zum 2. Tabellenplatz und damit nicht zum Aufstieg. Mitte der 90er stieg dann der Hauptsponsor aus und die Mannschaft löste sich auf.

Die „Reserve“ konnte sich noch eine Zeitlang in der Bezirksliga (heute BOL) halten, stieg dann aber in die Kreisklasse A ab.

 

Anfang der 2000er Jahre bekamen wieder eine Damenmannschaft und weibliche Jugenden, während die Männer auf eine Mannschaft schrumpften. Sportlich gesehen waren diese Jahre auch weit von früheren Glanzzeiten entfernt.

 

In den letzten Saisons wurde die 1. Damenmannschaft unser neues Aushängeschild in der Bezirksoberliga. Ohne Jugendmannschaften sind wir seit einigen Jahren auch immer von „Zuläufen“ von außerhalb abhängig, um weiterhin Handball spielen zu können.

 

Hoffen wir, daß wir auch in den nächsten 100 Jahren attraktiven Handball spielen können, vielleicht sogar Nachwuchs anlocken können und wir an die großen Erfolge unserer langen Geschichte anknüpfen können.

 

Quellen:

Wikipedia, Artikel „Handball“

Handballchronik, zusammengestellt von Horst Neuendorf

Eigene Erinnerungen von Robert Übelacker

https://www.nordbayern.de/region/nuernberg/5-dezember-1965-der-konig-und-sein-gold-pokal-1.4832796?searched=true


Im hundertsten Jahr ihres Bestehens vertritt die Handballabteilung den TSV 1846 Nürnberg mit drei Vollmannschaften, zwei Damen- und einem Herrenteam, im mittelfränkischen HandballbetriebDie erfolgreichste Equipe ist gegenwärtig die erste Damenmannschaft, welche bereits das zweite Jahr in der Bezirksoberliga antritt, gefolgt vom Herrenteam in der Bezirksliga und den Damen II in der Bezirksklasse. Insgesamt umfasst die Abteilung rund 100 Mitglieder, von denen der allergrößte Teil aktiv am Spielbetrieb teilnimmt.  

Seit dem Ende des leistungsorientierten Handballs der 1980er und 1990er Jahre, welcher die 46er Herrenmannschaft bis in die Regionalliga führte, ist die Förderung des Breitensports das Credo der TSV-HandballerDie Zusammensetzung der Mannschaften wird stark von der innenstadtnahen Lage der Halle und deren guter Erreichbarkeit beeinflusst. Viele Studenten und junge Berufstätige, die neu nach Nürnberg kommen und Handball spielen wollen, nehmen die günstige Lage zum Anlass, vorübergehend am Training teilzunehmen oder sich dem Verein dauerhaft anzuschließen. Während die damit einhergehende Fluktuation die Übungsleiter von Saison zu Saison immer wieder vor Herausforderungen stellt, liefert sie auch ein paar bemerkenswerte Anekdoten: So sorgte in den vergangenen Jahren immer mal wieder der ein oder andere Gast für große Augen und Zunge-Schnalzen im Training. Nach der immer bescheiden und freundlich vorgebrachten Bitte, für einige Wochen oder Monate mittrainieren zu dürfen, da man gerade für begrenzte Zeit in der Stadt sei und sich fit halten wollezeigte sich schnell, dass das Leistungsvermögen des „Neuen“ weit über dem der Mitspieler lagSo können einige der TSVler von sich behaupten, in der Halle in der Fuggerstraße mit Spielern der Südtirolauswahl, der Nachwuchsschmieden Erlanger und Berliner Bundesligateams oder einem chilenischen Nationalspieler und Bundesligaprofi trainiert und ein paar Spiele bestritten zu haben.  

Fast genauso prominent war der Saisonabschluss 2018/2019 besetzt: Einen Tag lang wurden die Spiele der TSV-Teams vom Stadionsprecher des 1. FCN in der Fuggerstraße live kommentiert und erhielten durch das Einlaufen der Mannschaften mit Verlesen der Aufstellungen und Interviews nach dem Spiel einen Hauch von Profisport. 

Neben diesen individuellen Höhepunkten sorgt der Ligabetrieb mit seinen häufig bis zum letzten Spieltag offenen Saisonverläufen dafür, dass jedes Jahr spannend ist und die großen und kleinen Erfolge genügend Anlässe für gemeinsame Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Sporthalle bieten. 

Einer dieser Anlässe ist der sogenannte „Kings-Cup“, ein von der Abteilung ausgerichtetes Vorbereitungsturnier nach der Winterpause. Durch die Austragung als Schleifchenturnier, bei dem je ein Damen- und ein Herrenteam gemeinsam gewertet werden, ist sichergestellt, dass Wettkampf und Geselligkeit gleichermaßen gefragt sind. Das Format ist so erfolgreich, dass es in sein zehntes Jahr geht und mittlerweile bayernweit Beachtung und Teilnehmer findet. 

In der nahen Zukunft sollen sich im Damen und Herrenbereich je eine erste und eine zweite Mannschaft etablieren, wobei letztere eher freizeitorientierte Sportler ansprechen soll, während erstere den sportlichen Erfolg in den Mittelpunkt rückt.